Sud XI und XII - Chaos-Marathon-Brautag

Der heutige Brautag. an dem wir unseren XI. und XII. Sud produzieren wollen, beginnt sonnig, ein Hauch von Frühling liegt in der Luft - für uns die absolute Ausnahme. Um 9 Uhr beginnen die Aufbauarbeiten, die von Mal zu Mal weiter optimiert werden. Um 9.30 Uhr können wir das Wasser im großen Kessel aufsetzen.
Voller Zuversicht wegen der erfolgreichen Entstörmaßnahmen (Ferrit-Kerne, AiO in Alu eingeschlagen, Erdung an div. Stellen verbessert) wird die Technik wieder in Betrieb genommen.

Da es hier diesmal ein helles Hefeweizen werden soll und dazu eine sog. Gummirast bei 45 Grad erforderlich ist, empfiehlt das Rezept nach dem sog. Hermann-Verfahren zu brauen. D. h. 50% des Malzes werden mit nur 25% des Wassers eingemaischt, was, wie sich noch zeigen wird, einen dicken Pudding ergibt, durch den das Rührwerk fast nicht durchkommt. Als weiteres großes Problem stellt sich die geringe Füllhöhe heraus, die dazu führt, dass das Thermometer, das vom Rührwerksdeckel nach unten in den Kessel hängt, nicht bis in die Maische kommt. Also das Ganze wieder auseinandergenommen und das Thermometer mit einer Schraubzwinge am Kesselrand befestigt. Problem ist, dass es jetzt nur ganz am Rand misst und dann auch noch die (angenommen kühlere) Topfwand im Rücken hat. Ein weiteres Problem bzw. ein gewisses Risiko ist das sich drehende Rührwerk, das immer wieder versucht, das Thermometer mitzuziehen. Also insgesamt keine glückliche Konstellation.
Schlimmer ist aber noch, dass die AiO wieder und wieder den Dienst quittiert, d. h. sie hängt sich auf, meistens so, dass man es merkt (Geisterbilder auf dem Display), diesmal aber so, dass wir es nicht bzw. zu spät merken: Das Display sieht gut aus, steht auf "Heizen", der Hockerkocher befolgt diesen Befehl auch treu - allein die Temperatur will und will nicht steigen. Erst als wir durch einen leicht angebrannten Duft aus dem Kessel ahnen, dass hier etwas nicht stimmt, fällt auf, dass sich auf dem Display auch sonst nichts mehr tut, d. h. die Kiste ist "eingefroren", was aber im Kessel den gegenteiligen Effekt auslöst. Mit dieser Erkenntnis sinkt die gute Stimmung des Tages auf den Gefrierpunkt. Denn nicht nur die Sorge, dass die Maische angebrannt und damit verdorben ist, sondern auch die Befürchtung, dass durch das Überfahren der Maltoserasttemperatur von 63 Grad die entsprechenden Enzyme inaktiviert wurden und weiter oben in der Temperaturskala schon viel zu früh unvergärbare Zucker in Massen entstanden sind, treibt uns um. Zunächst schütten wir den fast kochenden Brei in einen Eimer, decken ihn ab, entfernen mit schwerem Gerät die Einbrennspuren am Kesselboden und beginnen mit der zweiten Hälfte des Malzes noch einmal von vorne, diesmal aber mit der vollständigen Wassermenge. Hier läuft alles gut, auch wenn uns die AiO immer wieder mal verlässt - diesmal überrascht sie uns nicht, wir haben sie im Auge. Aber hier müssen bis zum nächsten Brautag wesentliche Änderungen erfolgen.

Bis das alles einigermaßen am Laufen ist, ist es 11.30 Uhr und das Wetter schlägt um. Es wird windig und unser schöner Gartenpavillon macht sich selbstständig, wir müssen ihn abbauen. Wir sind hin und her gerissen, ob wir den kleineren Experimentalsud, ein helles Doppelbock heute überhaupt noch angehen sollen. Schließlich entscheiden wir uns dafür. Aber auch hier ist die Technik heute bockig. Der neu angeschaffte vollelektronische Einkochapparat war wohl doch eine Kategorie zu preiswert und lässt uns das mit ständigen Aussetzern spüren. Die Folge ist, dass wir statt der vorgesehenen 90 Minuten Kombirast fast drei Stunden brauchen, bis die Maische jodneutral ist. Auch das kann so nicht bleiben...

Im Laufe des Nachmittags wird das Wetter immer unfreundlicher und auch wenn wir das ja von unseren bisherigen Brautagen eigentlich als Normalfall gewöhnt sind, hätten wir es uns nach dem frühlingshaften Start für heute doch mal anders gewünscht. Den Pavillon haben wir durch einen großen Sonnenschirm ersetzt, der wenigstens die Kocher und die Braukessel vor dem Regen schützt. Von einem heftigen Windstoß wird aber auch dieser Helfer aus seinem Ständer gehoben und in die Hecken geworfen. Das alles gleichzeitig im Blick zu behalten, ist schon ein recht komplexer Vorgang.

Als wir ans Läutern kommen, beginnt es schon, zu dämmern. Ob es daran liegt oder ob es eine kleine Belohnung für die genervten Bierbrauer sein soll: das Läutern beider Sude läuft diesmal super und wir müssen es schließlich trotz noch vorhandener Restextrakte schließlich beenden, weil beide Kessel randvoll zum Hopfenkochen sind. Dieses verläuft dann unter Scheinwerferbeleuchtung störungsfrei, wenn man von einem einmaligen Überschäumen bei der ersten Hopfengabe absieht. Um 21.30 Uhr, nach 12,5h haben wir dann schließlich beide Sude in den Fässern. Das Aufräumen muss bis zum nächsten Morgen warten. (1,5h)

Sonntags ist die Hefe in beiden Suden bereits ordentlich angekommen. Doch montags...
Das Hefeweizen kocht über.
Doch alles wird gut: Am 15. März füllen wir beide Sude ab, den größeren Teil auf Flaschen, den Rest in diverse Fässer bzw. ein Keg (Arbeitszeit 4h). Ostern können wir beide Gebräue trotz oder wegen Corona sehr genießen. Das Zittern und Bangen am Brautag hat sich also gelohnt. Jetzt hoffen wir nur, dass die Kontaktsperren aufgehoben werden, sonst bleiben wir ohne Gäste auf unserem Bier sitzen ... oder werden selbst zu Säufern.

Helles Hefeweizen (MMum)

Brauwasser: 63 l

Schüttung:
Pilsner - 2,57 kg
Weizen Hell - 5,37 kg
Münchner Hell - 2,57 kg
CaraWheat - 470 g
CaraHell - 470 g

Hopfen:
Spalter Select, 4,2% - 110 g

Hefe:
Munich Classic

Stammwürze: soll: 13°  - ist: 15° Plato
Ausschlagmenge: 48 l
Sudhausausbeute: 65,3%



Heller Doppenbock (MMum)

Brauwasser: 31 l

Schüttung:
Münchner: 1,59 kg
Melanoidinmalz: 410 g
Carared: 410 g
Pale Ale: 5,66 kg

Hopfen:
Cascade, 6% - 56 g
Herkules, 12,3% - 10g

Hefe:
Nottingham

Stammwürze: soll: 17,5° - ist 21,4° Plato
Ausschlagmenge: 18 l
Sudhausausbeute: 52%

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