1. Brauseminar - Sude XVIII bis XXI

Was lange währt... Nachdem das in Zusammenarbeit mit der Katholischen Erwachsenenbildung angebotene Brauseminar coronabedingt im vergangenen Jahr zweimal abgesagt werden musste und wir in diesem Frühjahr gar nicht erst so kühn waren, es noch einmal zu riskieren, stimmt heute einfach alles: 2G plus Traumwetter bieten die besten Voraussetzungen für einen unvergesslichen Tag. 


Zusammen mit Florian Kunz als meinem Ko-Referent beginnen insgesamt 10 hochmotivierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer um kurz nach 9 Uhr den Tag, zumindest offiziell. Denn im Vorfeld, am Vorabend und am Morgen selbst gab es schon eine ganz Fülle an Vorbereitungen, insbesondere, was den inhaltlichen Teil anbetrifft. 


Aber auch vier Sude, die wir für heute planen, machen sich nicht selbst. Mit vier unterschiedlichen Sudwerken wollen wir den Teilnehmenden, aufgeteilt in vier Brauteams, einen Einblick in die Vielfalt der Möglichkeiten verschaffen, die es gibt, um aus Gerstenmalz, Hopfen, Hefe und Wasser köstliche Craft-Biere herzustellen, die sich auf keinen Fall hinter irgend etwas verstecken müssen, was uns sonst üblicherweise als Bier in Flaschen oder vom Fass auf den Tisch und in die Kehle kommt.

Einmaischen

Sud XVIII ist ein Sommer Pale Ale, das wir im großen 50l-Kessel einbrauen. Hier hängt zwar anfangs eine Funksteckdose der AiO-Brausteuerung, weshalb der Brenner permanent heizt. Der Fehler fällt aber glücklicherweise schnell auf und ist auch gleich behoben, weshalb kein Schaden entsteht. Der weitere Verlauf ist völlig unkritisch und lässt sich mit einer Stammwürze von 14,55 ° Plato und einer Sudhausausbeute von 67% auch sehen.

Ab in den Läuterbottich

Ganz anders verhält es sich mit Sud XIX, einem dunklen Hefeweizen, das im automatisierten 30l-Einkocher eingemaischt wird. Leider verabschiedet sich zunächst unbemerkt das Paddel des Rührwerks in die Maische, weil die steife Pampe stärker war als die Locktite-Schraubenfixierung der Antriebsachse. Hektische Problemlösungsversuche verschlimmern das Problem zumeist und so fällt mir (!) dann schließlich auch noch besagte Schraube, bei dem Versuch, sie im laufenden Betrieb von unten wieder an den Motor zu schrauben, in die heiße Maische. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als alles in einen anderen Topf zu schöpfen und die Nadel im Heuhaufen, äh, die Schraube in der Maische zu suchen. Weiter geht es für heute ohne Rührwerk... Es ist ja sowieso viel lehrreicher, die Maische von Hand am Anbrennen zu hindern.
Aber es bleibt spannend. Nach gebührender Läuterruhe kommt es beim Abläutern schon bald zur Läuterkatastrophe, d. h. der Treber macht dicht und unten aus dem Hahn kommt irgendwann nichts mehr. Entweder liegt dies an dem feinen Weizenmalz, das nicht genug Spelzen enthalten hat. Oder aber daran, dass auf rätselhaften Wegen Treber unter den Läuterboden geraten ist und den Hahn verstopft hat. Egal wie, es hilft nichts, wieder muss die heiße Masse umgefüllt, der Läuterbottich gesäubert, der Hahn von Verstopfungen gereinigt und schließlich wieder alles neu eingefüllt werden. Dank des von Ko-Referent Florian Kunz neu eingeführten schnelleren Batch-Spargings holt auch dieses Brauteam die verlorene Zeit um den Preis einer geringeren Sudhausausbeute (49%) spielend wieder ein. Die Stammwürze is mit 13,6° Plato eine Punktlandung.

Etwas stärker kommt Sud XX daher, ein dunkles Bockbier, das in einem Klarstein-Mundschenk produziert wird. Mit 17,5° Plato und einer Sudhausausbeute von 55% (wegen des o. g. schnellen Läuterverfahrens) ist es das einzige untergärige Bier am heutigen Tag.

Und zu guter Letzt der beliebte Klassiker als Sud XXI, das Trierer Kölsch, wieder in einem Einkocher, hier von Anfang an geplant mit Maischepaddel von Hand gerührt, mit 12,6° Plato und 47% Sudhausausbeute etwas schwächer im Ergebnis als sonst üblich.

Jodprobe

Neben der praktischen Produktion von Bier werden auch reichlich (zu viel?) theoretische Kenntnisse zu diesem alkoholischen Getränk geliefert, dem unsere keltischen und germanischen Vorfahren schon lange huldigten, bevor die römischen Besatzer den Wein hier heimisch gemacht haben. Hintergründe zum Brauprozess, zu den Rohstoffen und zur Geschichte des Biers vom Altertum bis zur Gegenwart werden ebenso dargeboten, wie auf die Bedeutung von Frauen und Mönchen bei der Produktion des Gerstensaftes eingegangen wird. Kaum jemand wundert es, dass die ältesten Nachweise von Bierproduktion und -handel in unserer Gegend natürlich in Trier gefunden wurden. Weit weniger bekannt hingegen, dass unsere Stadt vor nicht einmal hundert Jahren zu den ganz großen Bier-Braustädten der Rheinlande gehört hat (Platz 6) und in Bezug auf den Technisierungsgrad sogar führend war. Die heutige Bierbrauszene ist hingegen klein, aber fein - was man nicht zuletzt am Trierer DOMbräu erkennen kann;-)
Unterricht im Freien

Damit wir nicht verhungern und verdursten gibt es zur Mittagszeit die traditionelle Bratwurst und dazu dann auch das erste "regionale" Bier: ein Trierer Löwenbräu, das allerdings schon seit 1993 bei Karlsberg in Homburg produziert wird und ein typisches Industriebier ist. Später gibt es dann ein Pils von Petrusbräu (schon besser) und zum Abschluss des Tages das ein oder andere Trierer Kölsch aus eigener Produktion. Was soll ich dazu sagen...

Trotz einiger Unwägbarkeiten und der Tatsache, dass fast alle Kursteilnehmer blutige Anfänger sind, bleiben wir den ganzen Tag guter Laune und schließlich auch im zeitlichen Korridor, was ich vorher nicht zu hoffen gewagt hätte. 

Neu (und erneut zeitsparend) ist das heiße Abfüllen der Würze in die Gärfässer. Diese bleiben dann über Nacht stehen und die Hefe kommt erst am folgenden Tag dazu. Das Bockbier muss sogar noch einen Tag länger runterkühlen.

Ab dem Moment, in dem die Hefe zur Würze kommt, wird aus einer zuckerhaltigen wässrigen Lösung ein steuerpflichtiges Getränk. Und da das Brauseminar nicht unter die Regelungen für Haus- und Hobbybrauer fällt, sondern als "Brauen zu Demonstrationszwecken" gilt, musste dieses vorher beim Zoll angemeldet werden und die fällige Biersteuer unverzüglich entrichtet werden. Für unsere in Summe 91 ausgeschlagenen Liter unterschiedlicher Stammwürze werden dann doch tatsächlich 10,50 EUR Biersteuer fällig, die ich am folgenden Montag auch treu entrichte.

Die obergärigen Biere kommen schon am folgenden Tag an und blubbern fröhlich vor sich hin, das ganz Treppenhaus duftet nach Gärkeller. Das untergärige Bock macht seinem Namen alle Ehre und zickt etwas rum. Erst nach einer Woche und nachdem ich es für einen Tag warm (18°) gestellt habe, zeigen sich auch hier die weißen Kräusen.

Am 30. September können zwei Sude (XVIII mit 73% Endvergärung und XXI mit 72% Endvergärung) gefüllt werden, wobei das Ale zur Hälfte während der Gärung mit Kokos- und weiteren Aromen gestopft wurde und von daher nochmal ein eigenes Endergebnis produzieren wird (XVIIIb).

Das dunkle Weizen soll ursprünglich auch in die Flasche, aber der Endvergärungsgrad von nur 53% und die noch sichtbare Lebhaftigkeit des Jungbieres lassen uns davon Abstand nehmen. 

Am 14. Oktober kommen dann auch die beiden letzten Biere in die Flaschen. Das Bockbier (Sud XX, 74% Endvergärung) ist auch schon ohne Kohlensäure sehr vollmundig, wohingegen das Weizenbier (Sud XIX) die diversen Brauunfälle zwar geschmacklich unbeschadet überstanden hat, aber Negativrekorde in Sachen Endvergärung (65%) und Ausbeute aufstellt: ganze 10,5 Liter landen am Ende in den Flaschen. Hoffen wir, dass es nach der Reifung wenigstens mundet.

...oder mit Technik

Füllen mit Schwerkraft...



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